Hilfebedarfsgruppen
Bewohner werden gemetzlert
Der „Metzler-Fragebogen“ wurde von Frau Dr. Heidrun Metzler von der Universität Tübingen entwickelt. Er dient dazu, den aktuellen Hilfebedarf eines Menschen mit geistiger Behinderung zu erfassen. In sechs Gruppen werden insgesamt 34 mögliche Unterstützungsbedarfe abgefragt. Aus dem ausgefüllten Fragebogen ergibt sich dann die Hilfebedarfsgruppe.
In „Hinweise zum Verständnis des Fragebogens zum „Hilfebedarf“ (H.M.B.-W/Version 5/2001)“ schreibet Frau Dr. Metzler:
„ Grundsätze der Anwendung
Der Hilfebedarf eines Menschen mit Behinderung lässt sich nur beurteilen, wenn seine aktuelle Lebenssituation einschließlich seiner Selbsthilfemöglichkeiten bekannt und Ziele der Unterstützung vereinbart sind. Beides setzt voraus, dass der Mensch mit Behinderung bzw. seine Interessenvertreter (Angehörige, gesetzliche Betreuer) in das Verfahren der Hilfebedarfseinschätzung mit einbezogen werden. Gegebenenfalls können weitere Personen, die den betreffenden Menschen gut kennen (z.B. Betreuer in Einrichtungen) beteiligt werden; dies ist insbesondere empfehlenswert bei Menschen mit sehr schweren Behinderungen.[….]“
Mit Hilfe von vier Kategorien kann der Hilfebedarf des zukünftigen Bewohners ermittelt werden.
- keine Hilfe erforderlich/erwünscht
- Beratung/Assistenz/Hilfestellung
- stellvertretende Ausführung/Begleitung
- intensive Förderung, Anleitung – umfassende Hilfestellung
Der Metzler-Bogen gliedert sich in sieben Lebensbereiche, die wiederum unterschiedlich viele Unterpunkte haben, um den Hilfebedarf zu erfassen. Der Bogen ist in Form einer Excel-Tabelle erfasst und ermöglicht nach der Erfassung des Hilfebedarfs die sofortige Ermittlung der Hilfebedarfsgruppe.
A. Alltägliche Lebensführung
- Einkaufen: Lebensmittel, Gegenstände des täglichen Bedarfs einkaufen(Einkauf planen, Geschäfte aufsuchen, auswählen)
- Zubereitung von Zwischenmahlzeiten: Übliche Wege der Zubereitung von Zwischenmahlzeiten und Getränken, einschließlich Frühstück und Abendessen
- Zubereitung von Hauptmahlzeiten: Übliche Wege der Zubereitung von warmen Hauptmahlzeiten, einschließlich Benutzung von Geräten
- Wäschepflege: Persönliche Wäsche waschen, flicken, aus- und einsortieren, einschließlich der Bedienung von Geräten
- Ordnung im eigenen Bereich: Aufräumen, Zimmer/Sanitärbereich reinigen
- Geld verwalten: Kenntnis des Geldwertes, Einteilung des Geldes
- Regeln von finanziellen und (sozial-)rechtlichen Angelegenheiten: Ausfüllen von Formularen, Stellen von Anträgen, Bankgeschäfte etc.
B. Individuelle Basisversorgung
- Ernährung: Auswahl von Art und Menge der Nahrung, Essen und Trinken, Zerkleinern (z.B. Fleisch schneiden) usw.
- Körperpflege: Ganz- oder Teilwaschung, Morgen- und Abendtoilette (außer Baden/Duschen), Umgang mit Menstruation
- persönliche Hygiene / Toilettenbenutzung: Aufsuchen der Toilette, sachgerechte Benutzung, Umgang mit Inkontinenz
- Aufstehen / zu Bett gehen: Grundfertigkeiten der Mobilität (körperliche Fähigkeiten), motivationale Aspekte
- Baden / Duschen: Eigenständige Benutzung der Dusche oder Badewanne (körperliche Fähigkeiten, ggf. Aufsichtsbedarf, motivationale Aspekte)
- Anziehen / Ausziehen: Auswahl von Kleidung/der Witterung oder dem Anlass entsprechend, körperliche Fähigkeit, sich an- oder ausziehen (Grob- und Feinmotorik)
C. Gestaltung sozialer Beziehungen
- im unmittelbaren Nahbereich: Beziehungen zu Mitbewohnern/Nachbarn/Mitarbeitern, Regelung von Konflikten, Vermeidung von Isolation, Einhalten von Absprachen
- zu Angehörigen und gesetzlichen Betreuern: Aufrechterhaltung der sozialen Beziehungen, Kontaktaufnahme, Kooperation, Klärung von Konflikten
- in Freundschaften / Partnerschaften: Aufbau und Aufrechterhaltung stabiler sozialer Beziehungen, Kontaktaufnahme, Klärung von Konflikten
D. Teilnahme am kulturellen und gesellschaftlichen Leben
- Gestaltung freier Zeit / Eigenbeschäftigung: planvolle und persönlich sinnvolle Nutzung freier Zeit, Einteilung der Zeit, Ausführen von Hobbies, Entwicklung persönlicher Vorlieben
- Teilnahme an Freizeitangeboten / kulturellen Veranstaltungen: Information über Angebote, Auswahl von Angeboten, aktives Aufsuchen von Angeboten (einschließlich der dazu erforderlichen körperlichen Mobilität)
- Begegnung mit sozialen Gruppen / fremden Personen: Sich zurechtfinden in fremden Gruppen, Sozialverhalten, Bewältigung von Konflikten (im Freizeit- und Arbeitsbereich)
- Erschließen außerhäuslicher Lebensbereiche: Motivation zum Besuch von Schule, Arbeitsplatz, Beschäftigungsbereich u.ä.; Bewältigung des Weges zum außerhäuslichen Lebensbereich etc.
- Entwickeln von Zukunftsperspektiven, Lebensplanung: Auseinandersetzung mit der eigenen Behinderung, Auseinandersetzung mit der eigenen Rolle in der Gesellschaft, Entwickeln persönlicher Ziele
E. Kommunikation und Orientierung
- Kompensation von Sinnesbeeinträchtigungen und Sprachschwierigkeiten; Unterstützung der Kulturtechniken: Nutzung von Hilfsmitteln wie Langstock, Hörgerät, PC etc., Aneignung und Gebrauch von Gebärdensprache oder anderen Kommunikationswegen, Übung von Lesen und Schreiben, Übung der deutschen Sprache
- Zeitliche Orientierung: Kenntnis der Uhrzeit, Tag-Nacht-Rhythmus, Zeitstruktur
- Räumliche Orientierung in vertrauter Umgebung (alle Orte, die regelmäßig aufgesucht werden: Wohnung, Wohnumfeld, Weg zur Arbeit etc.)
- 25. Räumliche Orientierung in fremder Umgebung (einschließlich Verkehrssicherheit)
F. Emotionale und psychische Entwicklung
- Bewältigung von Angst, Unruhe, Spannungen
- Bewältigung von Antriebsstörungen, Interesselosigkeit, Apathie etc.
- Bewältigung paranoider oder affektiver Symptomatik
- Umgang mit und Abbau von erheblich selbst-und fremdgefährdenden Verhaltensweisen
F. Gesundheitsförderung und -erhaltung
- Ausführen ärztlicher oder therapeutischer Verordnungen: Bereitstellung, Dosierung und Einnahme von Medikamenten, (Körper-)Übungen
- Absprache und Durchführung von Arztterminen: Arztwahl, Terminvereinbarung, Aufsuchen der Praxis etc.
- Spezielle pflegerische Erfordernisse: Dekubitusprophylaxe, Bedienung von Beatmungsgeräten, pflegerische Erfordernisse bei Sondenernährung etc.
- Beobachtung und Überwachung des Gesundheitszustandes: Regelmäßige Kontrollen (z.B. bei Diabetes, Vitalzeichen-Kontrolle), Beobachtung bei Erkrankungen, Erkennen von Krankheitssymptomen etc.)
- Gesundheitsfördernder Lebensstil: Kenntnisse über gesunde Ernährung, körperliches Training/ Bewegung, Vermeiden gesundheitsschädigender Verhaltensweisen